Fettkraut (Pinguicula) im Terrarium halten

Die Terrarienkultur gehört sicher zu den beliebtesten Kulturformen, wenngleich sie sich für die meisten Karnivoren nicht oder nur äußerst bedingt eignet. Lange Zeit hielt sich das Gerücht, dass sich mexikanische Fettkräuter (Pinguicula) ebenfalls nicht für die Haltung im Terrarium eignen würden. Erfahrungen der letzten Jahre bewiesen jedoch das Gegenteil. In diesem Beitrag möchten wir dir daher einen umfassenden Überblick über die Haltung von Fettkraut (Pinguicula) im Terrarium verschaffen. Dabei beziehen wir uns auf die Gruppe der mexikanischen Fettkräuter, die sich auf Grund ihrer Temperaturansprüche für die Kultur in der Wohnung eignen. Europäische (temperierte, bzw. winterharte) Fettkrautarten sind nicht für die Haltung im Terrarium geeignet und sollten entsprechend im Freiland kultiviert werden.

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Abbildung: Black Diamond Terrarium, bepflanzt mit Pinguicula, Quelle: carnivorous_carnival (Alex Ohms)

Gefäß und Belüftung

Für die Bepflanzung eignen sich verschiedene Typen an Terrarien und Behältnissen. Es kommen sowohl offene Behältnisse, bzw. Aquarien oder Aqua-Scaping-Gefäße, als auch klassische, geschlossene Terrarien in Betracht. Die Auswahl ist hierbei lediglich vom persönlichen Geschmack abhängig. Offene Behältnisse bieten den Vorteil einer deutlich besseren Belüftung, wenn sie entweder recht flach ausgelegt oder entsprechend hoch bepflanzt wurden. Die Nutzung von Aquarien ist zwar möglich, jedoch (auf Grund der Höhe der Wände) nicht besonders optimal. Die Luftbewegung auf Pflanzenhöhe ist hier meist noch recht eingeschränkt. Entscheidet man sich für die Kultur in offenen Behältnissen, ist die Nutzung von etwa 5cm hohen Glasgefäßen, etwa aus dem Aqua-Scaping-Bedarf oder als Direktanfertigung vom Terrarienbauer zu empfehlen.

Auch für die klassische Terrarienkultur steht eine Vielzahl an möglichen Gefäßen zur Verfügung. Vom klassischen Glasterrarium bis hin zum Designermodell werden Kreativität und persönlicher Geschmack hier lediglich durch den Geldbeutel begrenzt. Je nach Bauweise und Größe ist allerdings der Einsatz kleiner Ventilatoren empfehlenswert oder sogar notwendig. Am besten gestaltet sich die Kultur in Terrarien mit Kaminlüftung (oben und unten). Der Kamineffekt sorgt bei diesem Bautyp sowohl für einen ausreichenden Frischlufteintrag durch die untenliegenden Lüftungsgitter, als auch den Abzug anfallender Abwärme im oberen Bereich des Terrariums.

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Abbildung: Pinguicula Terrarium, Quelle: carnivorous_carnival (Alex Ohms)

Substrat, Drainage, Bewässerung

Wie bei der Topfkultur stellen mineralische Substrate die erste Wahl für die Kultur von Fettkräutern im Terrarium dar. Die relativ grobporige Struktur dieser Substrate erlaubt einerseits eine gute Substratbelüftung, andererseits auch eine ausreichende Drainage. Vor allem die Drainage stellt einen entscheiden Faktor auf den Erfolg der Terrarienkultur von Pinguicula dar, da die Pflanzen besonders empfindlich auf Überwässerung oder gar Stauwasser reagieren. Aus diesem Grunde ist von einer zusätzlichen Drainageschicht abzuraten! Diese vermittelt lediglich ein falsches Sicherheitsgefühl, da das vorhandene Wasser nach wie vor in dem abgeschlossenen Behältnis staut. Besser ist es, die Substratschicht lediglich ausreichend dünn anzulegen und sehr sparsam zu bewässern. Die Pflanzen sollten zwar gleichmäßig feucht gehalten werden, aber wie bereits erwähnt möglichst niemals in Kontakt mit Staunässe geraten. Wer trotz dieses Rats auf eine Drainageschicht nicht verzichten möchte sollte auf eine dünne Schicht (1-2cm) Blähton zurückgreifen, welche von einem Gaze oder Vlies von der aufliegenden Substratschicht geschützt wird. Es sollte jedoch stets derartig sparsam bewässert werden, dass sich keine Staunässe im Terrarium einstellt.

Die Bewässerung mit einer Ballbrause funktioniert besonders gut und stellt die empfehlenswerteste Methode der Bewässerung dar. Da mexikanische Fettkräuter äußerst tolerant gegenüber Kalkwasser reagieren, lassen sich die meisten Arten auch unkompliziert mit Leitungswasser bewässern. Auch hinsichtlich der Bewässerung gestaltet sich der Aufwand im Vergleich zu anderen Karnivoren bei Fettkräutern also insgesamt eher gering. Ein Nachteil bei der Bewässerung von Terrarien mit kalkhaltigem Gießwasser besteht in der schnellen Bildung von Kalkflecken auf den Glasscheiben. Je nach Gestaltung des Terrariums sind diese stellenweise oft nur mühselig zu entfernen. Die Bewässerung mit destilliertem Wasser oder Osmosewasser ist daher durchaus ratsam. Insgesamt sollte – abhängig von der Feuchte des Substrates – etwa zwei mal wöchentlich gewässert werden.

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Grafik: Pinguicula Terrarium, Quelle: carnivorous_carnival (Alex Ohms)

Belichtung

Fettkräuter gelten im Vergleich zu anderen Karnivoren zwar als deutlich weniger lichthungrig, benötigen für eine schöne Ausfärbung allerdings trotzdem ausreichende Lichtmengen. Der Tagesbedarf liegt bei etwa 10-15 Mol pro Tag. Eine Belichtung mit 200-300 µMol PPFD (auf Pflanzenhöhe) bei 13h Belichtungszeit erzielt erfahrungsgemäß gute Ergebnisse bei den meisten Pinguicula. Diese Werte werden in der Wohnung ohne eine Zusatzbelichtung – wenn überhaupt – nur an sehr hellen Stellen in den Sommermonaten erreicht. Es ist daher ein Trugschluss anzunehmen, dass Pinguicula – zumindest wenn man auf eine schöne Ausfärbung abzielt – langfristig ohne eine Zusatzbelichtung auskommen würden. Dies gilt insbesondere für die Haltung im Terrarium!

Begleitpflanzen

Als Begleitbepflanzung empfehlen sich tolerante Pflanzen mit ähnlichen Wuchsbedingungen und geringem Nährstoffbedarf. Erfahrungsgemäß bietet sich die Kombination mit einigen Arten aus der Gruppe der Zwergsonnentau, der terrestrischen Wasserschläuche (Utricularia spec.) und der Schwertfarn (Nephrolepis exaltata) an. Mit etwas Geschick ist es ebenfalls möglich, die Erbsenpflanze (Senecio rowleyianus) anzusiedeln. Auch Tillandsien kommen für die gemeinsame Kultur in Frage. Bezüglich der gemeinsamen Kultur mit Orchideen konnten wir bisher noch keine Erfahrungen sammeln, allerdings wäre dies durchaus denkbar.

Dekoration

Da Fettkräuter mit ihrer Vielzahl an Farben und Formen bereits sehr ausdrucksstark erscheinen, ist bei der Terrarienkultur von Fettkräutern gar kein intensiver Einsatz von Dekorationsmaterialien notwendig. Mit einer schöne Kombination aus verschiedenen Arten und zwei oder drei verschiedenen Begleitpflanzen lassen sich bereits sehr schöne Arrangements gestalten. Besonders schön wirken bepflanzte Lava- und Spaghettisteine im Terrarium, da sich die Pflanzen mit ihrer Hilfe auf verschiedenen Ebenen präsentieren lassen. Darüber hinaus bieten sie einen natürlichen Look und werten das Terrarium im Allgemeinen noch einmal deutlich auf. Moorwurzeln oder Fertigdekoration aus dem Terraristikbedarf kann natürlich ebenfalls verwendet werden. Hier sind dem persönlichen Geschmack keine Grenzen gesetzt.
Die Wahl der passenden Rückwand unterliegt ebenfalls dem persönlichem Geschmack. Rückwände aus Kork oder Xaxim sind ebenso geeignet wie Rückwände aus Styropor. Kork und Xaxim bieten allerdings den natürlichsten Look und lassen sich ergänzend zudem mit epiphytischen Pflanzen bestücken.

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Grafik: Pinguicula Terrarium, Quelle: carnivorous_carnival (Alex Ohms)

Pflege & Problematiken

Die Pflegemaßnahmen beschränken sich auf die regelmäßige Bewässerung und das jährliche Ausputzen abgestorbener Pflanzenteile nach dem Formenwechsel im Winter. Werden die Pflanzen zu groß oder beginnen sich stark zu teilen, kann eine Entnahme von Einzelpflanzen durchaus sinnvoll sein.
Wie bereits erwähnt stellt die Bewässerung den kritischsten Punkt der Kultur von Fettkräutern dar, da Pinguicula bei Überwässerung sehr schnell mit dem Ausbruch der sogenannten Herzfäule reagieren. Wurden die Terrarien überwässert, gestaltet es sich äußerst schwierig, das angesammelte Wasser wieder zu entfernen. Im Zweifelsfall muss das gesamte Terrarium von den Pflanzen befreit werden, bis das Substrat wieder abtrocknet. Es sollte daher unbedingt immer zunächst etwas sparsamer gegossen werden.

Ist ein Tierbesatz möglich?

Kurz gesagt: Nein. Selbst wenn geeignete Tiere mit identischen Haltungsbedingungen existieren sollten, empfehlen wir von einer gemeinsamen Haltung abzusehen. Schließlich soll der Fokus voll und ganz auf vitalen und prächtig entwickelten Pflanzen liegen. Zudem ist zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht besonders gut erforscht, wie verschiedene Terrarientiere wie zum Beispiel Frösche auf die Sekrete der Fettkräuter reagieren. Sowohl zum Wohle der Tiere, als auch zum Wohle der Pflanzen sollte man daher von einem Tierbesatz in Pinguicula Terrarien absehen. Springschwänze, Raubmilben und kleine (weiße) Asseln hingegen können problemlos als Bodenpolizei eingesetzt werden.

pinguicula terrarium by carnivorous_carnival
Grafik: Pinguicula Terrarium, Quelle: carnivorous_carnival (Alex Ohms)

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